Der Soester Anzeiger berichtete am 23. Dezember anlässlich des bevorstehenden Konzerts in der Meiningser St. Matthias Kirche:
SOEST • "Immer die alte Leier" - schon die Umgangssprache verrät's: Die Leier steht in keinem guten Ruf. Mit ihrem Namen verbindet mancher unwillkürlich langweilende, nervtötende Wirkung. Aber das Gegenteil ist der Fall, hört man den Ton dieses Instrument dann tatsächlich: Still muss man werden und ganz genau hinhören, damit nichts vom Zauber der zarten Klänge verloren geht. Leier spielen und hören - das kann eine therapeutische Wirkung haben.
Darüber machte auch Claudia Dekker vor 28 Jahren erste Bekanntschaft mit dem Instrument: Während ihrer heilpädagogischen Ausbildung lernte die frühere Waldorf-Schülerin die beruhigende, heilende Wirkung der Leiern kennen. Über die Jahre hat sich Claudia Dekker intensiv mit dem Instrument beschäftigt, dessen Vorläufer schon in der Antike bekannt waren. Heute besitzt sie eine umfangreiche Sammlung - angefangen bei der kleinsten, der pentatonisch gestimmten "Märchenharfe", die beinahe die Form eines Ohrs hat, bis zum gut ein Meter großen, tonal gestimmten Werk.
Ihre Instrumente sind "neue Leiern". Vor 75 Jahren wurden sie von dem Musikpädagogen Edmund Pracht und dem Plastiker Lothar Gärtner entwickelt. Erst als ihre endgültige Form gefunden war, bekamen die Instrumente ihren Namen und siehe da - sie waren den "sagenhaften" Ur- instrumenten Kithara und Lyra ähnlich.
Claudia Dekker musiziert regelmäßig mit einer Kindergruppe. Sie sagt bewusst "musiziert", denn "für mich ist die Leier kein Instrument, das man so lernen kann. Jeder muss den goldenen Schlüssel selber suchen". Bei der Suche will sie demnächst helfen, wenn sie ihre Kunst- Hand-Werkstatt am Wiesengraben eröffnet. Die Neu-Soesterin, die vor gut einem Jahr aus Flensburg in die Börde kam, will die Leier auch hier bekannt machen. In Vorträgen und Seminaren soll es um das fast unbekannte Instrument gehen. Dabei ist es Claudia Dekker "ein Anliegen, die Leier nicht nur als Instrument der Antroposophen zu sehen." Sie möchte möglichst viele Menschen mit dem leisen, zarten Klang vertraut machen, der so viel beinhalten kann.
Wer einen Eindruck vom Wesen der Leier bekommen möchte, ist eingeladen zum Konzert am Neujahrstag um 17 Uhr in der Meiningser St. Matthias-Kirche. Claudia Dekker singt das "Traumlied von Olaf Åsteson", den norwegischen Mythos nach einer uralten Melodie, der erst vor rund 50 Jahren ins Deutsche übersetzt wurde. • bs
Nicht nur der Klang fasziniert. Beeindruckend sind auch die vielen verschiedenen Formen der Leiern in der Sammlung von Claudia Dekker. • Foto: Peter Dahm
aus: Soester Anzeiger - Freitag, 23. Dezember 2000